Wie männlich ist Autorität?

Wie männlich ist Autorität?

von Hilge Landweer; Catherine Newmark

€ 46,60

Taschenbuch

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Feministische Kritik und Aneignung
2018 Campus Verlag
363 Seiten
212 mm x 143 mm
Sprache: Deutsch
978-3-593-50993-8

Inhaltsverzeichnis

InhaltDas Geschlecht der Autorität - Altlasten und feministische Neubestimmungen: Zur Einführung 7Hilge Landweer und Catherine Newmark"Der Neid ist ein Huhn, das seine Eier ausbrütet und so unsere heimlichen Wünsche warm hält" 19Luisa Muraro im Gespräch über die Politik des "affidamento"Autorität im 20. und 21. Jahrhundert -Sozialwissenschaftliche und historische PerspektivenDie Autorität der Kanzlerin - Eine Annäherung 31Sylka ScholzWas war die "vaterlose Gesellschaft"? Alexander Mitscherlich und die Debatte über Demokratie und Autorität 55Till van RahdenAutorität, antiautoritäre Kritik und Autorisierung im Spannungsfeld von Politik, Erziehung und Geschlecht 87Meike Sophia BaaderAutorität im Richteramt und die "Feminisierung" der Justiz 125Friederike BahlPhänomenologie moderner Autorität - Sozialphilosophische Perspektiven"Autorität" als sexuierte Dimension sozialer Beziehungen 153Ruth GroßmaßVerdeckte Autorität - Moderne Gefühlsdynamiken 177Hilge Landweer und Catherine NewmarkJovialität - Männliche Umgangsformen mit der eigenen Autorität 195Philipp WüschnerGegenwärtige politische Herausforderungen - Von der neuen Rechten bis MeTooRückkehr der Autorität? Auf der Suche nach der verlorenen(Geschlechter-)Normalität 219Maren WehrlePolitische Autorität heute - Zwischen demokratischem Ideal und neurechter Transzendenz 241Simone Rosa Miller"Nur nicht das Über-Ich"? Transformationen von Autorität in psychoanalytisch-kulturtheoretischer Sicht 263Insa HärtelSwitchpoints of Power - Gender and Authorial Practices in #MeToo 281Nancy LuxonFeministische Aneignungen philosophischer TraditionenDas ambivalente Verhältnis von Autorität und Freiheit - Von Thomasius über Derrida zu Arendt und Muraro 301Frauke A. KurbacherAutorität und Gerechtigkeit - Die Generationen- und Geschlechterdifferenz als genealogische Konstellation 317Andrea GünterFeministische Theorie und Praxis der Autorität 343Katrin WilleAutorinnen und Autoren 359

Besprechung

»Ein in mehrerlei Hinsicht anspruchsvoll zu lesender Beitrag zur rechten Zeit.« Meike Lauggas, Weiberdiwan, 02.12.2020

Kurztext / Annotation

Autorität als soziale Interaktionskategorie und gesellschaftliches Ordnungsprinzip ist in vielen Hinsichten bis heute männlich konnotiert. Zugleich ist Autorität in der Moderne und insbesondere im 20. Jahrhundert Gegenstand eindringlicher Kritik. Die interdisziplinären Beiträge des Bandes gehen dem ambivalenten Phänomen der Autorität in philosophischer, historischer, politischer und sozialwissenschaftlicher Perspektive nach und fragen, wie und mit welchem Ziel sich Autorität weiblich denken lässt.


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Taschenbuch
Feministische Kritik und Aneignung
2018 Campus Verlag
363 Seiten
212 mm x 143 mm
Sprache: Deutsch
Beiträge von: Meike Baader; Friederike Bahl; Ruth Großmaß; Andrea Günter; Insa Härtel; Frauke Kurbacher; Hilge Landweer; Nancy Luxon; Simone Miller; Luisa Muraro; Catherine Newmark; Sylka Scholz; Till van Rahden; Maren Wehrle; Katrin Wille; Philipp Wüschner
978-3-593-50993-8


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Textauszug

Das Geschlecht der Autorität - Altlasten und feministische NeubestimmungenZur EinführungHilge Landweer und Catherine NewmarkWer über Autorität nachzudenken beginnt, wird schnell auf politisch und gesellschaftlich Zweifelhaftes stoßen - und auf die Kritik daran. Von den autoritären Vätern des klassischen Patriarchats bis zu den Diktatoren und Autokraten des 20. und neuerdings auch 21. Jahrhunderts: Autorität scheint mit einer spezifischen Deformation von Macht- und Herrschaftsverhältnissen verbunden zu sein. Genau in diesem Sinne wurde sie auch Mitte des 20. Jahrhunderts zum Gegenstand eingehender theoretischer Untersuchungen, allen voran in den Studien über die autoritäre Persönlichkeit der Frankfurter Schule. Auch politische Bewegungen waren in den letzten Jahrzehnten oft motiviert durch Autoritätwskritik, am prominentesten die Studentenbewegung der 68er Jahre, die den "Muff von tausend Jahren" "unter den Talaren" monierte und damit respektlos ihre Kritik an den bis dahin weitgehend unangefochtenen rechtlichen Autoritäten, von denen viele das Unrechtssystem des Nationalsozialismus unterstützt hatten, auf den Punkt brachte.Die Kritik der Autorität reicht freilich weiter zurück als in die Mitte des 20. Jahrhunderts: Man kann die gesamte Entwicklung der westlichen Gesellschaften und politischen Systeme seit der Aufklärung als großes Projekt der kritischen Auseinandersetzung mit überkommenen Traditions- und Autoritätsordnungen verstehen, und dies entspricht auch durchaus dem Selbstverständnis vieler der geistesgeschichtlichen und politischen Bestrebungen der letzten 300 Jahre.Aber ist mit der Kritik auch schon die Autorität selbst verschwunden? Die Frage stellen, heißt sie verneinen. Unter und neben den Entwürfen, Projekten und Utopien egalitärer Gesellschaften, die für die Moderne charakteristisch sind, wirkt Autorität als Phänomen an vielen Stellen weiter - mal mehr, mal weniger verdeckt, oftmals kaum erkennbar. In manchen Fällen mag das aufgefasst werden als Problem eines noch nicht abgeschlossenen Prozesses der Veränderung von ehemals autoritätsorientierten Gesellschaften oder aber als Ausdruck eines reaktionären, wenn nicht gar regressiven politischen Momentes. Aber es spricht vieles für die Annahme, dass Autorität neben dem deutlich sichtbaren öffentlichen Bereich auf einer viel tiefer liegenden Ebene auch in Beziehungen zwischen Personen eine Rolle spielt und sich gar nicht oder zumindest nicht ohne weiteres in der Phantasie des Egalitären auflösen lässt.Sich der Autorität als Begriff und Phänomen zuzuwenden bedeutet darum, die mannigfache und historisch über viele Stufen artikulierte Kritik an traditionellen Autoritätsformen und -auffassungen mitzudenken, sich aber zugleich für das Phänomen jenseits der eingefahrenen Diskurse zu interessieren. Und sich auch, mit der Rückendeckung der bereits vollzogenen Kritik, den möglicherweise positiven, konstituierenden Aspekten von Autorität, etwa dem so fundamentalen Prozess der Autorisierung, zuzuwenden, der in gutem nachbarschaftlichen Einvernehmen mit dem deutlich modischeren Begriff des "Empowerments" stehen könnte.Es bedeutet auch, sich der Frage nach dem Geschlecht zuzuwenden. Wie das oben erwähnte Stichwort des autoritären Patriarchen bereits andeutet, ist Autorität zumindest im klassischen Sinne kaum von der Geschlechterordnung zu trennen. Autorität ist traditionell männlich konnotiert, und sie ist es bis heute geblieben. Fragt man beliebige Personen nach Autoritäten, so nennen die allermeisten als Beispiel männliche Führungsfiguren.Während es leicht scheint, männliche Bilder von Autorität aufzurufen, ist es gar nicht so einfach, Frauen auszumachen, denen Autorität zugeschrieben wird. Dass dies so ist, darf mit Fug und Recht erstaunen, gerade wenn man sich die tiefgreifenden Veränderungen der Geschlechterordnungen in den westlichen Gesellschaften in den letzten 50 Jahren anschaut: Weder die grundlegende rechtliche und wirtschaftliche Emanzipation der Frauen und ihre

Autor

Hilge Landweer ist Professorin für Philosophie an der Freien Universität Berlin.Catherine Newmark wurde 2007 am Institut für Philosophie der Freien Universität Berlin promoviert und war dort wissenschaftliche Mitarbeiterin. Heute arbeitet sie als Kulturjournalistin und ist Autorin und Redakteurin u.a. beim Deutschlandfunk Kultur und beim Philosophie Magazin.