Die Emotionen

Die Emotionen

von Ingrid Vendrell Ferran

€ 89,95

Hardcover

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Gefühle in der realistischen Phänomenologie
2008 Akademie Verlag
273 Seiten
14 mm x 168 mm
Sprache: Deutsch
978-3-05-004387-6

Inhaltsverzeichnis

1;Inhalt;8
2;Vorwort;12
3;1. Einleitung;14
4;2. Kontextualisierung der realistischen Phänomenologie der Emotionen;23
4.1;2.1. Die aktuelle Debatte: Theorien des Fühlens und kognitivistische Theorien;23
4.2;2.2. Theorien der Emotionen um die Wende des XIX. zum XX. Jahrhundert;29
4.3;2.3. Die realistische Phänomenologie und die Emotionen;70
4.4;2.4. Philosophie der Emotionen: Methodologische Aspekte;86
5;3. Die Gegebenheit der Emotionen: Realität und Schein;91
5.1;3.1. Reale Emotionen und Scheinemotionen;91
5.2;3.2. Echte und unechte Emotionen;104
5.3;3.3. Fiktionale Emotionen;111
5.4;3.4. Aktuelle und inaktuelle Emotionen;118
5.5;3.5. Virtuelle Emotionen, unbewusste Emotionen und Dispositionen;121
6;4. Die Ursprünglichkeit der Emotionen;128
6.1;4.1. Emotionen und ähnliche Phänomene;128
6.2;4.2. Empfindung und Gefühlsempfindung;129
6.3;4.3. Wahrnehmung;134
6.4;4.4. Urteil und Werturteil;137
6.5;4.5. Phantasie und Wunsch;139
6.6;4.6. Wollen;142
6.7;4.7. Stimmung, Disposition und Charakterzug;146
6.8;4.8. Die Tiefe der Gefühle und die Emotionen;149
6.9;4.9. Ursprünglichkeit und Wesensmerkmale der Emotionen;155
7;5. Leiblichkeit und körperlicher Ausdruck;157
7.1;5.1. Perspektiven der emotionalen Leiblichkeit;157
7.2;5.2. Die emotionale Leiblichkeit;160
7.3;5.3. Der körperliche Ausdruck;173
8;6. Die Intentionalität der Emotionen, das Fühlen und die Werte;189
8.1;6.1. Kognition, Intention und Wert;189
8.2;6.2. Die Emotionen und das Fühlen: Ist Fühlen ein Gefühl?;201
8.3;6.3. Ursprünglichkeit des Fühlens und Weltbezug;214
8.4;6.4. Die ethische Dimension der Gefühle;223
9;7. Emotionale Phänomene;228
9.1;7.1. Ressentiment;228
9.2;7.2. Ekel;232
9.3;7.3. Scham;239
9.4;7.4. Reue;246
9.5;7.5. Hochmut und Demut;252
9.6;7.6. Liebe und Hass;257
10;Literaturverzeichnis;264
11;Personenverzeichnis;272

Besprechung

"Vendrell Ferrans Analysen sind auf eine unaufgeregte Art gründlich und selbständig. [...] [Dem] Leser bietet die Autorin eine Menge substantieller Argumente zu der Frage, wie wir unsere Gefühle sprechen lassen." Manuela Lenzen in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.09.2008 Ferrans Theorie ist "aufschlussreich und überzeugend, ihre Perspektive wirft einen frischen Wind auf die Emotionen." Christoph Mann, In: Roter Dorn (2009) "[Eine] herausragende[...] Promotionsarbeit" Information Philosophie, Dezember 2009, Nr. 5 "[D]ie klar strukturierte Arbeit [ist] weitgehend allgemeinverständlich [...]." Alexandra Pontzen auf: literaturkritik.de, Ausgabe 01/2010

Langtext

In den letzten Jahrzehnten sind die Emotionen zu einem der zentralen Themen der Philosophie des Geistes geworden. Erstaunlich ist, dass dennoch die frühen phänomenologischen Beiträge der ersten Schüler Husserls zum Thema in Vergessenheit geraten sind. Dabei können die Gefühlskonzeptionen und Analysen emotionaler Phänomene von Pfänder, Voigtländer, Haas, Geiger, Scheler, Stein, Walther, Kolnai, Ortega y Gasset wegen ihrer einzigartigen Präzision und Erfahrungsnähe die heutige Debatte entscheidend bereichern. Im vorliegenden Band wird einerseits die Rekonstruktion einer Theorie der Emotionen unternommen, die implizit in den Texten der ersten Phänomenologen liegt. Andererseits werden systematische Antworten auf Fragen und Problemstellungen gegeben, die die aktuelle Diskussion bestimmen. Was sind Emotionen? Inwiefern kann man von emotionaler Realität und Irrealität, Echtheit und Unechtheit sprechen? Kann es Emotionen über Fiktionen geben? Gibt es unterbewusste Emotionen? Welche Rolle spielen leibliche Aspekte? Was bedeutet es, dass Emotionen intentional sind? In welcher Beziehung stehen sie zu Werten? Das sind die Leitfragen des Buchs.


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Hardcover
Gefühle in der realistischen Phänomenologie
2008 Akademie Verlag
273 Seiten
14 mm x 168 mm
Sprache: Deutsch
978-3-05-004387-6


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Textauszug

3.1.1. Reale Emotionen und emotionale Selbsttäuschungen (S. 90)

Die Frage nach der Gegebenheit der Emotionen im Erleben impliziert eine erste Unterscheidung zwischen realen Emotionen und emotionalen Selbsttäuschungen, also Fällen, in denen wir uns über eine Emotion täuschen oder uns sogar eine Emotion einbilden. Dies verlangt die Entwicklung von Kriterien für die Realität der Emotionen und eine Annäherung an das Feld der emotionalen Selbsttäuschungen. Der systematischen Behandlung dieser Frage gilt, ausgehend von frühphänomenologischen Thesen, meine besondere Aufmerksamkeit, denn in der heutigen Literatur wird die Frage nach der Realität oft mit der Frage nach der Echtheit der Emotionen vermischt, und ich möchte beide Phänomene streng unterscheiden.

Die Frühphänomenologen vertreten die These, dass die Emotionen "psychische Realität" besitzen und dass diese psychische Realität als "Widerstand und Wirksamkeit" innerhalb eines psychischen Zusammenhanges zu verstehen ist. Wenn man Liebe oder Hass, Hingabe oder Reue erlebt, dann hat man demzufolge nicht bloß ein Erlebnis der Liebe oder des Hasses, der Hingabe oder der Reue, sondern es geschieht etwas Reales. Eine Emotion zu erleben, ist dann nicht dasselbe, wie eine Emotion zu haben. Das eröffnet ein Feld von Möglichkeiten, das ich schon im vorangegangenen Kapitel umrissen habe. So ist es möglich, eine Emotion anders zu erleben, als wir sie tatsächlich haben (emotionale Täuschungen), oder eine Emotion zu erleben, ohne sie tatsächlich zu haben (Scheinemotionen), oder eine Emotion zu haben, ohne sie zu erleben (untererlebte Emotionen). Die Möglichkeiten der Gegebenheit der Emotionen sollen nun behandelt werden, doch ist zunächst die Frage zu klären, was reale Emotionen im Sinne von "Widerstand und Wirksamkeit" sind. Die Frage führt zur Entwicklung einiger Kriterien für die Realität einer Emotion, die ich hier zusammen präsentiere, die jedoch im Laufe der Arbeit je für sich zu entwickeln sind. Folgende fünf Kriterien muss eine Emotion erfüllen, um real zu sein:

1) Es ist eine Tatsache, dass ich mich nicht ekeln kann, wenn ich nicht etwas wahrgenommen habe, ich jemanden nicht verachten kann, wenn ich nicht bestimmte Urteile über die Person gefällt habe, ich mich nicht vor einem Monster fürchten kann, wenn ich dieses nicht phantasiert habe, ich nicht vermissen kann, wenn ich keine Erinnerung habe. Das deutet auf ein Charakteristikum der realen Emotionen hin: Sie werden stets in spezifischen Verbindungen mit anderen psychischen Elementen wie etwa Urteilen, Wahrnehmungen, Vorstellungen usw. auftreten, die ihnen als Grundlage dienen. Diese Grundlagen sind die kognitive Basis der Emotionen.

2) Da die psychischen Elemente in solche Konstellationen eingewoben sind, können sie einen Widerstand bilden gegen jeden Versuch, sie mit Absicht auszuschalten oder umzuändern. Wenn ich etwa versuche, einen realen Hass gegen eine Person auszuschalten, so treten die Urteile, die Einstellungen und Erinnerungen, die ich im Zusammenhang mit diesem Hass in Bezug auf die Person habe, weiter auf, und es ist schwierig, den Hass tatsächlich zu überwinden. Reale Emotionen zeigen sich insofern widerständig gegen Versuche, sie abzubauen, und besitzen manchmal sogar eine eigene "Trägheit", die sie weiterexistieren lässt, auch wenn die Basis der Emotion schon nicht mehr vorhanden ist.

3) Mit diesem Widerstand realer Emotionen hängt auch ein leibliches Element zusammen, nämlich die Tatsache, dass ich den Hass am Leib fühle, auch wenn ich ihn nicht fühlen will und er mir unangenehm ist.