von C. L. Polk
€ 9,99
E-Book (EPUB)
EPUB sofort downloaden
Downloads sind nur für Kunden mit Rechnungsadresse in Österreich möglich!
Die Spur der Toten
2019 Klett-Cotta
384 Seiten
Sprache: Deutsch
978-3-608-11563-5
Gewinner des World Fantasy Award für den besten Fantasy-Roman des Jahres 2019 Miles Singer ist Arzt und er ist auf der Flucht vor seiner Vergangenheit. Eines Tages wird er zu einem Notfall gerufen. Als Miles den Sterbenden untersucht, stellt er mit Erschrecken fest, dass dieser die Aura einer Hexe hat. Aber noch schlimmer, der Vergiftete hat erkannt, dass auch Miles das Hexenmal trägt. Die Geschicke Aelands werden von den adligen Sturmsängern bestimmt. Ihre legitimierte Magie hat dem Land unvorstellbaren Fortschritt gebracht, es aber auch in einen fürchterlichen Krieg gestürzt. Die Soldaten kommen völlig verändert aus dem Krieg zurück. Miles Singer ist Arzt. Um den zurückkehrenden Soldaten zu helfen, kann er seine magischen Fähigkeiten nur heimlich einsetzen. Kämen sie ans Licht, würde er in einem Asylum eingesperrt. Als Miles zu einem Sterbenden gerufen wird, der wohl vergiftet wurde, bleibt ihm keine Wahl: Zusammen mit einem schönen Amaranthine, der zwischen der Welt und dem Totenreich wechseln kann, versucht er den Mordfall aufzuklären. Hinter all dem verbirgt sich aber ein Geheimnis, dessen Abgründigkeit kaum abzusehen ist: Wohin sind die Seelen der Gefallenen verschwunden?
C.L. Polk ist Liebhaberin von Fantasyromanen, Autorin mehrerer Kurzgeschichten und der bei Fans beliebten Webserie Shadow Unit. Sie lebt in Southern Alberta, Kanada. Für »Witchmark« wurde sie mit dem World Fantasy Award 2019 ausgezeichnet. C.L. Polk gilt als eine der besten jungen Stimmen der Fantasy.
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet
E-Book (EPUB)
Die Spur der Toten
2019 Klett-Cotta
384 Seiten
Sprache: Deutsch
978-3-608-11563-5
Weitere verfügbare Ausgaben:
1
Ein NotfallDas Memo roch nach der Farbe des Matrizendruckers und schlechten Nachrichten. Natürlich begann es mit den üblichen Hurra-Rufen, weil unsere Jungs gesiegt hatten und endlich nach Hause kamen, doch es enthielt den Befehl, sechzehn Patienten bis zum Ende der Woche aus meiner Obhut zu entlassen. Ich hatte keine zehn Männer, die man, ohne dass sie eine Gefahr darstellten, zu ihren Familien nach Hause schicken konnte. Das war nicht zu verantworten, und das würde ich Mathy ins Gesicht sagen.
Das grünliche Gaslicht im Treppenhaus wich dem der weißgoldenen Aetherlampen in der Eingangshalle, und ich musste mich zwingen, nicht zusammenzuzucken, als ich das vertraute Prickeln und Summen der modernen Beleuchtung wahrnahm. Die Frau an der Eingangsloge winkte mich zu sich, doch ich ignorierte die Zettel in ihrer Hand.
»Haben Sie Dr. Matheson gesehen?«
»Guten Abend, Dr. Singer. Sie ist vor zwanzig Minuten gegangen.« Sie nickte und deutete nach links.
Matheson hatte das Memo spät geschickt, um zu verschwinden, bevor sich die Neuigkeit herumsprach. Sie wollte nicht diejenige sein, die Veteranen nach Hause schickte, bevor sie dafür bereit waren. Diese Verantwortung lastete auf mir.
»Sie sind nicht der Einzige, der nach ihr fragt.« Die Angestellte drückte mir Nachrichten in die Hand. »Sie sind alle früh gegangen. Abteilungsleiter, Mitglieder des Verwaltungsrats ... Es ist schlimm, nicht wahr?«
»Zwangsentlassung der Patienten.« Meine Finger streiften ihre kaum, und doch nahm ich mit meiner Gabe die alte Wunde an ihrem Schultergelenk wahr, die in mattem Rot schimmerte. Meine Finger juckten, sie zu heilen. Ich zog mich zurück.
Sie rollte Zettel zusammen, schob sie in Röhren und steckte diese in beschriftete Ablagefächer. »Nun, damit wird Platz geschaffen für die Soldaten, die heimkommen, nicht wahr?«
So war es. Der Krieg in Laneer war vorüber, und wie vorhergesagt hatte Laneer vor Aelands Macht kapituliert. Das war ein freudiges Ereignis, sicher. Doch wenn ich an die gut fünfzigtausend Soldaten auf dem Heimweg dachte, und die Möglichkeit, dass sie ähnliche Probleme wie meine Patienten hatten ... Ich ignorierte die Übelkeit in meinem Magen und stopfte die Nachrichten in meine Manteltasche zu dem zerknitterten Memo. »Was ist mit Robin?«
»Hab sie nicht gesehen. Die Krankenschwestern sind in einer Besprechung.«
Dieses verdammte Memo, und keine Robin in der Nähe zum Jammern. »Danke. Ich wünsche Ihnen einen ruhigen Abend.« Ich nickte ihr höflich zu und ging zum Ausgang, zögerte aber kurz, als ich die schwere Tür aufdrückte.
Es ist völlig sicher draußen. Das wusste ich, dennoch streifte ich die Bäume mit einem prüfenden Blick, als ich durch die Tür des Hospitals hinaustrat. Die Zweige bogen sich unter den reifenden Äpfeln, und nicht unter dem Gewicht von feindlichen Heckenschützen.
Alles sicher hier. Der immerwährende Sommer Laneers und das Geschützfeuer befanden sich auf der anderen Seite des Ozeans. Ich war zu Hause in Kingston, wo die Räder der Kutschen und Reifen der Fahrräder über die regenfeuchten Straßen glitten und die kühle Luft den nahenden Winter ankündigte. Ich klopfte auf meine Taschen, suchte nach Zigaretten, die ich absichtlich nicht mehr bei mir trug. Vielleicht würde Robin mir eine geben. Beim Ewigen Hort, nach diesem Tag konnte ich eine gebrauchen.
Kutschglocken aus Messing, trillernde Fahrradklingeln und Rufe erklangen nicht weit entfernt, und sie kamen näher. Eine Kutsche schlingerte um die Kurve und Fahrradfahrer stoben auseinander wie aufgeschreckte Fische. Der Kutscher zog an den Zügeln und stemmte sein Gewicht gegen die Bremse. »Notfall!«, rief er und brachte die aufgeregten Pferde zum Stehen.
In meinem Bauch breitete sich Kälte aus. Wir waren kein Notfallhospital. Falls sie einen Chirurgen benötigten, musste ich das