Schatten über dem Kongo

Schatten über dem Kongo

von Adam Hochschild

€ 28,80

Hardcover

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Die Geschichte eines der großen, fast vergessenen Menschheitsverbrechen. Ausgezeichnet mit dem Duff Cooper Prize 2000
2012 Klett-Cotta
508 Seiten
Bildteil (16 Seiten), Vorsatzkarten
233 mm x 159 mm
Sprache: Deutsch
978-3-608-94769-4

Inhaltsverzeichnis

Einleitung
Prolog: "Die Händler schnappen und entführen Leute aus unserem Volk"

Teil I: Der Weg ins Verderben
1. "Ich werde die Jagd nicht aufgeben"
2. Der Fuchs überquert den Bach
3. Der grandiose Kuchen
4. "Durch die Verträge müssen wir unbeschränkte Verfügungsgewalt erlangen."
5. Von Florida bis Berlin
6. Unter der Flagge des Jachtklubs
7. Der erste Abtrünnige
8. Wo es keine Zehn Gebote gibt
9. Begegnung mit Mr. Kurtz
10. Das Holz, das Tränen vergießt
11. Eine Geheimgesellschaft von Mördern

Teil II: Ein König in Bedrängnis
12. David und Goliath
13. Einbruch in die Küche der Diebe
14. Seine Taten seien in hellstes Licht getaucht!
15. Eine Bilanz
16. "Die Journalisten werden Ihnen keine Quittung geben."
17. Kein Mensch ist ein wildfremder Ausländer
18. Sieg?
19. Das große Vergessen

Im Rückblick: Ein persönliches Nachwort

Dank
Anmerkungen
Literaturverzeichnis
Abbildungsnachweise
Register

Kurztext / Annotation

Die Geschichte des Kongo um die Jahrhundertwende ist eine Geschichte von Blut und Gewalt. Getrieben von der Gier nach Geld, Macht und Ruhm, brachte König Leopold II. von Belgien den Kongo 1885 in seinen Privatbesitz. In der Folgezeit ließ er das Land mit auch für damalige Verhältnisse beispielloser Grausamkeit ausbeuten und plündern.

Langtext

Geiselnahme, Vergewaltigung, Mißhandlung und Mord waren die Instrumente, die Leopolds Statthalter einsetzten, um den kongolesischen Ureinwohnern die geforderten Quoten an Kautschuk und Elfenbein abzupressen. Wer Widerstand leistete, wurde umgebracht oder verstümmelt. Als die Kampagnen der Menschenrechtsbewegung um Edmund Morel den König 1908 zur Aufgabe seiner Kolonie gezwungen hatten, war die Bevölkerungszahl des Kongo um etwa zehn Millionen Menschen gesunken.

Adam Hochschild geht den Spuren dieser Schreckensherrschaft nach. Er erzählt von den Abenteurern, die das riesige und nahezu undurchdringliche Gebiet um den Kongo-Strom erforschten, von politischen Ränkespielen und von der Entschlossenheit, mit der Männer wie Morel ohne Rücksicht auf ihre berufliche Karriere und allen Repressalien zum Trotz den Kampf gegen Leopolds Terrorsystem aufnahmen.


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Hardcover
Die Geschichte eines der großen, fast vergessenen Menschheitsverbrechen. Ausgezeichnet mit dem Duff Cooper Prize 2000
2012 Klett-Cotta
508 Seiten
Bildteil (16 Seiten), Vorsatzkarten
233 mm x 159 mm
Sprache: Deutsch
Übersetzt von: Ulrich Enderwitz; Monika Noll; Rolf Schubert
978-3-608-94769-4


Textauszug

15 Eine Bilanz

Als E. D. Morel, Roger Casement und ihre Bundesgenossen mit den Berichten über einen in Zentralafrika stattfindenden Holocaust endlich die Aufmerksamkeit der europäischen Öffentlichkeit erregten, brachten mehrere Zeitungen und Zeitschriften Bilder von niedergebrannten Dörfern und verstümmelten Leichen, und Missionare berichteten als Augenzeugen von der Entvölkerung ganzer Regionen. Von heute aus stellt sich beim Blick auf diese schriftlichen und fotografischen Quellen sofort eine zentrale Frage: Wie hoch war die Zahl der Todesopfer in Leopolds Kongo? Wir sind in unserer Erzählung an einem Punkt angelangt, wo wir einen Moment innehalten und versuchen können, eine Antwort zu finden.

Die Frage zu beantworten ist nicht ganz einfach. Der Kongo-Freistaat, den König Leopold II. wie sein persönliches Eigentum behandelte, bestand - angefangen von 1885 - offiziell 23 Jahre lang; aber schon vor seiner Gründung starben viele Kongolesen eines unnatürlichen Todes, während erhebliche Teile des königlichen Ausbeutungssystems auch nach dem förmlichen Ende dieses Staates jahrelang weiterexistierten. Der Kautschukboom, der das schlimmste Blutvergießen im Kongo verursacht hatte, begann Mitte der 90er Jahre unter Leopolds Herrschaft, doch er setzte sich noch etliche Jahre nach Beendigung des Ein-Mann-Regimes fort.

Überdies war der Massenmord im Kongo trotz seiner völkermordartigen Ausmaße strenggenommen kein Völkermord. Der Kongo-Staat hat nicht planmäßig versucht, eine bestimmte ethnische Gruppe vom Erdboden zu tilgen. Leopolds Männer waren vielmehr - nicht anders als die Sklavenhändler, die Afrika Jahrhunderte zuvor überfallen hatten - auf der Suche nach Arbeitskräften. Daß beim Herbeischaffen und beim Einsatz der Arbeiter Millionen Menschen starben, war für sie bloß ein Nebeneffekt. Nur wenige Regierungsbeamte führten Statistiken über etwas so Unwesentliches wie afrikanische Menschenleben. Und deshalb erfordert die heutige Schätzung der Opferzahlen allerhand historische Detektivarbeit.

Ein Massensterben dieser Größenordnung geht in aller Regel auf mindestens eine von vier miteinander verquickten Ursachen zurück: 1. Mord; 2. Verhungern, Erschöpfung, Obdachlosigkeit; 3. Krankheit; 4. eine drastisch fallende Geburtenrate. Während der schlimmsten Zeit im Kongo, in den langen Jahren des Kautschukbooms, kamen alle vier Ursachen zusammen.

1. Mord. Regelrechte Mordaktionen waren in Leopolds Kongo zwar nicht die Haupttodesursache, aber sie sind eindeutig belegt. Gelang es einem Dorf oder Bezirk nicht, die Kautschukquoten einzuhalten, oder wehrten sie sich gegen die Zwangseintreibung, dann brachten die Soldaten der Force Publique oder die “Wachleute” der Kautschukgesellschaften vielfach jeden um, dessen sie habhaft werden konnten. Natürlich bilden die Fälle, in denen Augenzeugen auf einen Berg von Skeletten oder abgehackten Händen gestoßen sind und ihre Berichte überliefert wurden, nur einen Bruchteil der tatsächlich verübten Massaker; sie ähneln wenigen vereinzelten Funken aus einem riesigen Feuersturm.

Die Liste einzelner, aktenkundig gewordenen Massaker läßt sich lange fortsetzen. Das Land war, bisweilen fast buchstäblich, mit Leichen bedeckt. An einer Flußmündung am Tumba-See, so schreibt der schwedische Missionar E.V. Sjöblom, “sah ich... Leichen in den See treiben, denen die rechte Hand abgehackt worden war, und als ich zurückkam, erzählte mir der Offizier, warum man sie getötet hatte. Wegen des Kautschuks... Beim Überqueren des Flusses sah ich, wie von den Ästen mancher Bäume Leichen ins Wasser hingen. Als ich das Gesicht von dem grausigen Anblick abwandte, sagte einer der schwarzen Unteroffiziere, der uns folgte: ‚Das ist gar nichts, vor ein paar Tagen kam ich von einem Gefecht zurück und brachte dem Weißen Mann 160 Hände, die wurden dann in den Fluß geworfen.‘”

Nich

Autor

Adam Hochschild wurde 1942 in New York City geboren. Er lehrt an der Graduate School of Journalism der University of California, Berkeley. Er lebt als Autor und Journalist in San Francisco und schreibt im »New Yorker«, in »Harpers Magazine «, »The New York Review of Books«, »The New York Times Magazine«, »Mother Jones« u. a. m.Seine Bücher wurden in fünf Sprachen übersetzt und gewannen zahlreiche Preise, u. a. den Preis des World Affairs Council und der Society of American Travel Writers.»Schatten über dem Kongo« erhielt 1998 die Goldmedaille des California Book Awards für Nonfiction.