Und damit fing es an

Und damit fing es an

von Rose Tremain

€ 22,70

Hardcover

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Roman
2016 Insel Verlag; Chatto & Windus
333 Seiten
20.5 cm x 13.2 cm
Sprache: Deutsch
978-3-458-17684-8

Trailer zum Buch

Hauptbeschreibung

»Manchmal geschehen Dinge eben erst spät im Leben.« Gustav Perle ist ein zurückhaltender Mann. Er wuchs in den 1940er-Jahren allein bei seiner Mutter Emilie in ärmlichen Verhältnissen im schweizerischen Matzlingen auf – und schon damals hat er gelernt, nicht zu viel vom Leben zu wollen. Als Anton in seine Klasse kommt, ein Junge aus einer kultivierten jüdischen Familie, hält mit ihm auch das Schöne in Gustavs Leben Einzug. Anton spielt Klavier, und seine Familie nimmt Gustav sonntags mit zum Eislaufen. Emilie sieht das nicht gerne, lebt sie doch in der Überzeugung, dass die Bereitschaft ihres verstorbenen Mannes, jüdischen Flüchtlingen zu helfen, letztlich ihr gemeinsames Leben ruiniert hat. Doch Anton ist alles, was Gustav braucht, um glücklich zu sein. Umso härter trifft es ihn, als Anton – beide sind längst erwachsen – Matzlingen verlässt, weil er seine große Chance als Pianist wittert. Gustav widmet sich seinem Hotel Perle, das er inzwischen mit Erfolg führt – doch er ist einsam und verspürt eine große Leere in seinem Leben. Bis Anton, gescheitert, zurückkehrt – und beide erkennen, dass das Glück vielleicht schon immer direkt vor ihnen lag. Ein zarter, bewegender Roman, der davon erzählt, dass es manchmal fast ein ganzes Leben dauert, bis man das Glück findet – in dem einen Menschen, den man zum Leben braucht.

Zitat aus einer Besprechung

»Ob es die Beziehung zwischen Mutter und Sohn ist, das Verhältnis zwischen zwei alten Freunden, oder der Hass einer einzelnen auf eine ganze Bevölkerungsgruppe – Rose Tremain gelingt es, Menschen realistisch und zugleich poetisch zu beschreiben.«


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Hardcover
Roman
2016 Insel Verlag; Chatto & Windus
333 Seiten
20.5 cm x 13.2 cm
Sprache: Deutsch
Übersetzt von: Christel Dormagen
978-3-458-17684-8


Weitere verfügbare Ausgaben:

Autor

Rose Tremain wurde 1943 geboren und wuchs in London auf. Sie studierte ein Jahr lang an der Pariser Sorbonne, ging zurück in ihre Heimat und begann ein Anglistikstudium an der University of East Anglia in Norwich, das sie 1967 abschloss. Dort lehrte sie später von 1988-1995 als Dozentin creative writing . Vorher war sie Lehrerin an einer Privatschule für Jungen. Rose Tremain veröffentlichte Romane, Kurzgeschichten, schrieb aber auch für Film, Funk und Fernsehen. Ihr Roman Zeit der Sinnlichkeit wurde 1995 mit Robert Downey Jr., Hugh Grant und Meg Ryan verfilmt ( Restoration ). Ihr Roman The Road Home , der im Suhrkamp Verlag unter dem Titel Der weite Weg nach Hause erschien, wurde 2008 mit dem Orange Prize for Fiction ausgezeichnet. Tremain lebt mit ihrem Lebenspartner, dem Biographen Richard Holmes, in London und Norwich. Im Jahr 2020 wurde sie von der Queen in den Adelsstand erhoben. Ihr Werk erscheint auf Deutsch im Suhrkamp und Insel Verlag.

Christel Dormagen, geboren 1943 in Hamburg, studierte Anglistik und Germanistik. Sie ist Übersetzerin für angelsächsische Literatur und außerdem als Journalistin für Rundfunk und Printmedien tätig. Christel Dormagen lebt in Berlin.

Zurück zur Weggabelung 2016-08-31 10:38:00
von AngiF
Gustav Perle und Anton Zwiebel lernen sich in der Vorschule kennen. Sie stammen beide aus verschiedenen gesellschaftlichen Schichten. Während Anton behütet und verwöhnt in einem Bankiershaushalt aufwächst, so darben Gustav und seine Mutter oft Hunger und es plagen sie Existenznöte. Emilie Perle ist nicht fähig, ihrem Sohn ihre Liebe und Zuneigung zu zeigen, sie hält ihn lebenslang auf Distanz. Das tut seiner Liebe zu ihr keinen Abbruch und auch in seinen anderen Beziehungen zu Menschen, ist es Gustav, der aufrichtig liebt, ohne etwas zurück zu erwarten. Antons innigster Wunsch ist es, Konzertpianist zu werden. Während er spielt, umgibt ihn eine Verwandlung, er bekommt ein anderes Selbstvertrauen. Allerdings nur so lange, wie er nicht vor einem großen Publikum spielen muss. Dann nämlich wird Anton krank und keine Medizin kann ihn helfen. Vom ersten Tag ihrer Begegnung an sollen Anton und Gustav Freunde werden, die durch das Auf und Ab des Lebens gehen, mal ganz nahe, mal auf Distanz.

Die Autorin Rose Tremain hat mit ihrem Roman ?Und damit fing es an? eine wunderbare Geschichte erschaffen. In schöner Sprache, fast schon poesievoll angehaucht, erzählt sie die uns Lesern aus dem Leben zweier Jungen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Von den ersten Zeilen an, zieht mich die Autorin in ihren Bann und begeistert mich. Die Charaktere sind wunderbar gezeichnet, die Entwicklung beider Jungen ist gut ersichtlich. Auch die Nebenfiguren sind liebevoll durchdacht und alle spielen sehr gut miteinander. Die Story selbst ist schlüssig und stimmig, nach und nach ich als Leserin alle Hintergründe. Das Buch bietet große Gefühle und lässt mich mit den Personen mitfühlen und mitleiden aber auch mitlachen.

Von Herzen gerne vergebe ich diesem Buch seine wohlverdienten fünf von fünf möglichen Sternen und empfehle es unbedingt weiter. Wer sich zur Lektüre dieses Romans entschließt, wird mit einem wunderbaren, literarischen Kleinod belohnt. Ein Buch für den niveauvollen Lesegenuss.
"Die richtige Art Leben führen" ? "Weil er er war; weil ich ich war" 2016-08-08 11:52:00
Rose Tremains Buch über die lebenslange Freundschaft von Gustav Perle und Anton Zwiebel wurde 2016 sowohl in deutscher Sprache als auch im englischen Original "The Gustav Sonata" veröffentlich. Der Roman ist in drei Teile gegliedert, ein Inhaltsverzeichnis ist hintangestellt; der erste Teil beschreibt die sehr unterschiedliche Kindheit und Freundschaft der beiden Jungen im Schweizer Matzlingen kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, der zweite die Vorgeschichte Emilies und ihres Ehemanns Erich, und der dritte Teil berichtet mit Rückblicken über die beiden als Erwachsene.

Gustavs Kindheit ist geprägt von Armut und der Verbitterung seiner Mutter durch den sozialen Abstieg der Familie und den frühen Tod des Vaters Erich ? dieser hatte die Arbeit bei der Polizei verloren, weil er vor dem Nationalsozialismus in die Schweiz geflohenen Juden geholfen hatte. Die Mutter erzieht Gustav dazu, er müsse wie die Schweiz sein: "Du musst dich zusammenreißen und mutig und stark sein und dich heraushalten. Dann wirst du die richtige Art Leben führen." S. 13 Gustav verinnerlicht ihre Prinzipien und verschließt seine Ängste. Anton hingegen, der Sohn eines Bankiers, ist empfindsam und ein begabter Klavierspieler. "Natürlich ist er ein Jude" meint Emilie über ihn. "Die Juden sind die Leute, wegen denen dein Vater gestorben ist, als er sie retten wollte." S. 31. Dieser freudlosen Kindheit Gustavs gegenüber stehen die Besuche bei Antons Familie, die Gustav mitnimmt zum Schlittschuhlaufen, in den Urlaub und als der begabte Anton am Klavier vorspielen soll. Aber Anton kann vor großem Publikum sein Talent nicht zeigen.

Die Autorin erzählt die Familiengeschichte, in beiden veränderten die Tode von Kindern das Leben der Eltern. Besonders Emilies Hoffnungen, aus ihrer ärmlichen, freudlosen Herkunft zu einem besseren Leben zu kommen, zerbrachen. "Wenn man jung ist, glaubt man, dass man noch eine Menge Zeit vor sich hat, dass man alles, was man plant, auch tun kann. Man merkt nicht, wie die Zeit vergeht, das ist das Schwierige daran. Denn sie vergeht trotzdem." S. 70 Der Leser erfährt bei Emilies Ehe vom Versuch, eine Beziehung aufrecht zu erhalten, wo nichts mehr ist, von rücksichtslosem Begehren, von Hoffnungslosigkeit, Müdigkeit, Verlust, Aufgeben.

Als Erwachsener versucht Anton die Lieblosigkeit seiner Mutter zu verdrängen: "sie hatte sich für die Person, die er war, im Grunde blind gestellt." Er wird Hotelbesitzer, bereitet anderen ein Heim fern der Heimat, sieht sich als "Sklave für anderer Leute Bedürfnisse und Wünsche" S. 261, das Hotel wird ihm zur Zuflucht gegen die Kälte. Anton wurde Musiklehrer, bis er feststellt, dass er mit dem Aufgeben seines Traums, Konzertpianist zu werden, nie versöhnt war. Er erhält eine späte Chance. Gustav ist längst bewusst, "dass eine unerfüllte heimliche Leidenschaft zwangsläufig zum körperlichen Zusammenbruch führt." S. 294. Irgendwann wird klar: "Wir müssen die Menschen werden, die wir hätten sein sollen" S. 327.


Der Roman liest sich leicht und zog mich schnell in seinen Bann ? beim ersten Mal bin ich so schnell hindurchgeflogen, dass mir das Material für eine Zusammenfassung fehlte. Bei der zweiten Lektüre merkt man besonders das Talent der Autorin zu unterschwelligen, (fast) versteckten Andeutungen. So deutet Tremain den vergangenen Nationalsozialismus an in den Ängsten von Antons Mutter: in ihrer Reaktion auf das Wort Lager, als die Jungen nur von ihrem Versteck im Wald berichten, oder auf Eisenbahnsignale, wenn der Ehemann sie beruhigen muss, dass der Zug nur deshalb halte. Wenn beim Klavierwettbewerb der Familienname statt Zwiebel als Zwebbel gesprochen wird, schwingt ein weiterer Unterton mit. Im späteren Verlauf berichtet ein Gast des Hotels Gustav von der Befreiung Bergen-Belsens. Das ist geschickt gemacht, der weitere Sinn für die Geschichte erschließt sich jedoch nicht.

Sprachlich ist Tremain zart, poetisch, melancholisch ? bis, ja bis auf das zweite Kapitel, das von geradezu besinnungslosem Begehren erzählt in Vulgärsprache ? ich mag diese Sprache nicht, finde aber ? eher zu meiner Überraschung ? dass sie hier passt zu dem von den zwei Nebenfiguren selbst so beschriebenen hauptsächlich animalischen Treiben. Insgesamt wegen der sonst beeindruckenden Sprache und unkitschigen Emotionalität 4,5 Punkte von 5.